Ausgabe 5
Internetzeitschrift des VSSP
Hinweis: Diese Infomedium Ausgabe 5 entstand im Jahr 2011. Zwischenzeitlich hat sich der Name des Verbandes von VSSPS e.V. zu VSSP e.V. geändert. In diesem Beitrag verwendete Namen, Links und Email-Adressen können sich inzwischen verändert haben.
Inhalt von Ausgabe 5:
Diskussion von Mitgliedern aus Berliner und Brandenburger Selbsthilfegruppen zum Thema "Krisen in der Selbsthilfegruppeund deren Bewältigung" |
VSSPS-Internet-Umfrage: Erfahrungen von Betroffenen mit Symptomatik, Therapie und Selbsthilfe |
Der VSSPS hat 2011 Folgendes veröffentlicht... |
In eigener Sache: neue VSSPS-Landesverbände & Regionalkonferenzen |
Das Infomedium Soziale Phobie wird von Betroffenen für Betroffene gemacht.
Es beinhaltet aktuelle Themen aus der Selbsthilfe und Selbsthilfegruppenarbeit,
stellt Selbsthilfegruppen und -initiativen im Bereich Soziale Phobie vor u.a.
Rückmeldungen und Themenbeiträge bitte an: info@vssp.de
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Selbsthilfegruppen-Schwerpunkt:
Krisen in der Selbsthilfegruppe und deren Bewältigung
Wiedergabe einer Diskussion unter Teilnehmern aus Berliner und Brandenburger Selbsthilfegruppen im Frühjahr 2011.
(Die Vornamen wurden verändert)
Frage: Welche Krisen gab es in Deiner Gruppe?
Gudrun: Die Krise in unserer Gruppe bezieht sich vor allen Dingen auf den häufigen Teilnehmerwechsel, durch den es relativ wenig Stabilität gibt. Wir haben zwar einige, die immer wiederkommen, auch über das ganze Jahr, aber eben auch unregelmäßig, weil es zum Teil auch ein Gesundheitsproblem bei ihnen ist....(Pause)...Ich fühle mich dafür schon durchaus verantwortlich, ich habe die Gruppe initiiert, und ich möchte ja eigentlich auch für mich und die anderen was erreichen. Ab und zu ist das schon ein bisschen überfordernd, weil ich einfach keinen finde, der mit mir die Verantwortung teilt, und das macht auch Frust.
Ab und zu ist das schon ein bisschen überfordernd,
weil ich einfach keinen finde,
der mit mir die Verantwortung teilt,
und das macht auch Frust.
Conny: Ja, das kenne ich auch, und zwar habe ich auch oft die Moderation gemacht und Vorschläge eingebracht, aber eben häufig alleine. Was mich auch gestört hat, war, dass manche nicht abgesagt haben oder zu spät abgesagt haben, und dann waren wir nur noch zu zweit da. ... Ja, das fand ich sehr frustrierend. Hugo: In der Zeit, in der ich in der Gruppe war, gab es aus meiner Sicht keine echten Krisen, aber durchaus Probleme, die auch in dieselbe Richtung zielen. Das erste Problem ist die Organisation, die sehr sehr schwierig ist, weil sich so keiner ganz genau dafür verantwortlich fühlt, es gibt keine klare vorgegebene Struktur, und da vergeht mindestens eine halbe Stunde jedes Mal, bis wir dann endlich so zu Potte kommen. Das zweite Problem ist, da wir eine sehr offene Gruppe sind, gibt es eine sehr unterschiedliche Ausgangslage und damit auch sehr unterschiedliche Interessen, was die Organisation von Punkt 1 nochmal schwieriger macht. Und diese unterschiedlichen Interessen unter einem Hut zu bringen oder auch zu trennen, das ist sehr schwierig. Ernest: Also in meiner Gruppe gab es auch nicht wirklich eine Krise in dem Sinne. Für mich bedeutet Krise, wenn es Probleme gibt zwischen Menschen oder Streit, oder man ist sich nicht einig, was man eigentlich mit der Gruppe machen will. Es gab mehr so eine Art Mitgliederschwund, und das war eher ein Problem als eine Krise. Das hat eine Zeit lang gedauert und es war halt sehr unangenehm, weil ich mich natürlich dafür verantwortlich gefühlt habe. Aber das hat sich dann im Laufe von ein paar Wochen, ein paar Monaten gebessert.
Frage: Wodurch wurden die Schwierigkeiten ausgelöst, wodurch verstärkt?
Gudrun: Ich denke, dass die Gruppenteilnehmer einerseits relativ hohe Erwartungen an die Gruppe haben, auf der anderen Seite sich aber auch nicht so sehr einbringen möchten oder können, und dass dadurch eine Situation entsteht, dass mancher nach ein, zwei oder drei Mal feststellt, dass es für ihn nicht sinnvoll genug ist und wahrscheinlich der Überwindung nicht wert. Oftmals kriege ich eben gar keine Absage, sondern die Leute bleiben einfach weg. Ja, und ab und zu wird mir dann eben auch gesagt: "Ja ok, hat nicht so gepasst."... Also ich denke, der Anspruch des einzelnen und das, was er auch geben möchte, stimmen nicht immer überein. Conny: Mmh, also was es für mich noch verschlimmert hat, war, dass auch wie bei dir einige Leute ausgestiegen sind. Außerdem haben auch einige gesagt, ich pausiere jetzt, und in einem halben Jahr möchte ich wieder mitmachen, aber wir haben dann doch nichts mehr von ihnen gehört. Ich wusste auch nicht, ob sie nun wiederkommen oder nicht und musste ihnen hinterher laufen. Ja, und ich denke, wenn einige häufiger oder dauerhaft nicht da sind und unsicher ist, ob das Treffen nun stattfindet oder nicht, das hat auch einen Einfluss auf die Gruppe. Hugo: Ja, also ich kann mich da eigentlich nur anschließen. Diese Krisenproblematik ist natürlich durch so eine schwankende Teilnehmerzahl und auch die schwankenden Teilnehmer selber ausgelöst. Wir waren so innerhalb von einem Jahr 4 bis ungefähr fast 30, also ein sehr weites Range. Und ich selber habe da jetzt eigentlich niemandem groß hinterher telefoniert, sondern es erstmal so hingenommen, diese wechselnden Besetzungen. Aber das ist jetzt nicht so förderlich, und da fielen uns jetzt auch nicht so groß irgendwelche Lösungsmöglichkeiten ein.
Der Sinn der Selbsthilfe ist ja eben,
dass man Initiative ergreift,
um sich selber zu helfen.
Ernest: In meinem Fall wurde die Krise ausgelöst dadurch, dass die Gruppe am Anfang bei der Gründung von einem Supervisor angeleitet und sehr gut geleitet wurde, der hat alles gemacht. Das heißt, man brauchte nur hinzukommen und sich hinzusetzen, es wurde Programm gemacht. Aber der blieb nur 5 Sitzungen, und dann fielen wir sozusagen in ein programmatisches Loch. Zum ersten Mal waren wir uns selbst überlassen und guckten uns einfach nur fragend an und wussten nicht genau, was wir nun tun sollten. Und das ist so ein bisschen das Problem. Einerseits ist es zwar positiv, wenn die Gruppe sehr gut geführt wird, auf der anderen Seite macht es eben passiv. Und Sinn der Selbsthilfe ist ja eben, dass man Initiative ergreift, um sich selber zu helfen. Dazu stand das, wie es bei uns war, ein bisschen im Widerspruch. Ein zweiter Aspekt ist vielleicht, dass es bei Sozialer Angst ein bisschen anders ist als z.B. in einer Selbsthilfegruppe für Leute mit Diabetes. Ich glaube, Menschen mit Sozialer Angst stehen nicht in dem Maße unbedingt zu ihrer Beeinträchtigung wie Leute etwa mit einem Klumpfuß oder mit Diabetes, welche sich dann voll dazu bekennen und sich wirklich einbringen.
Das starke Schwanken der Teilnehmerzahl liegt vielleicht auch daran, dass die Leute sich schämen und denken: „Brauch ich das wirklich? Bin ich wirklich auf eine Selbsthilfegruppe angewiesen? Kann ich das nicht anders lösen?“
Ich weiß nicht, ob das Schwanken stärker ist als in anderen Gruppen, aber ... das sind so für mich die zwei Erklärungen, warum es so stark schwankt und wodurch bei uns das Problem von Mitgliederschwund ausgelöst wurde.
Frage: Welche Lösungen habt Ihr in Eurer Gruppe gefunden?
Gudrun: Also ich würde sagen wir arbeiten da noch dran. Wir haben das ja nicht aufgegeben. (lacht) Wir sind ja noch dabei. Aus meiner Sicht wäre die Verteilung von Aufgaben wichtig, also dass nicht nur einer die Dinge tut. Das könnte die Zugehörigkeit vielleicht auch ein bisschen fördern. Also, dass ich mal wieder den Schlüssel loswerde zum Beispiel, weil ich nicht vor Ort wohne, das wäre ganz toll. Und ich sehe schon, dass in so einfachen Sachen durchaus auch eine Möglichkeit liegt, den Zusammenhalt und das Dazugehören, das Wir-Gefühl, zu verbessern. Ansonsten wäre es wichtig, auch noch die inhaltliche Arbeit zu überdenken, um zu sehen, ob man nicht inhaltlich auch mehr machen kann. Aber das ist nicht ganz so einfach, also das kann ich mir nicht so aus dem Ärmel schütteln. Das müsste man dann eben auch in der Gruppe noch mehr diskutieren. Conny: Das Verteilen der Aufgaben betrifft ja auch die Moderation. Also, ich fände es gut, wenn die Moderation immer wechselt oder man es aufteilt. Und dass Leute, die mehrere Male nicht mehr kommen, dann auch ausgeschlossen werden, weil Beständigkeit auch wichtig ist, damit es überhaupt etwas für den einzelnen und die Gruppe bringt. Also ich habe, wir haben, letztlich keine Lösung gefunden. Mir hat es dann gereicht, weil ich immer wieder Absagen gekriegt habe, und ich habe dann vorab nur noch um Zusagen und Themenvorschläge gebeten, damit es verbindlicher ist. Das hat aber auch nicht funktioniert... Letztlich bin ich dann aus der Gruppe ausgestiegen. Danach hat sich auch die Gruppe aufgelöst, weil niemand die Verantwortung übernehmen wollte...
Also „Lösungen“ haben wir keine gefunden.
Hugo: Ja, das mit den Lösungen ist bei uns vielleicht auch so ein wunder Punkt. Also die Lösung heißt, darüber zu reden, und wir reden auch durchaus darüber, aber dann sagen wir uns zum Schluss „gut, dass wir drüber geredet haben“ und sitzen dann die Probleme trotzdem trocken aus, und das funktioniert oder eben auch nicht. Und die zweite Lösung ist sozusagen, dass wir ein paar Mitglieder, oder Ex-Mitglieder genauer gesagt, als „geheilt“ entlassen könnten aus der Gruppe. Das sind aber nur einige wenige, und für die restliche Gruppe ist das auch noch keine richtige Lösung. Ja, da sind wir auch noch auf der Suche. Ernest: In meine Fall war die Lösung halt aussitzen, das heißt einfach warten, bis sich die Lage bessert. (lacht) Das hat sie auch dann getan. Also es gibt im Fall von Mitgliederschwund halt nicht so viele andere Lösungen, da wir keine aktive Werbung betreiben. Einfach warten, bis mehr Leute hinzukommen und bleiben möchten. Das war dann auch der Fall.
Frage: Glaubst Du, dass sich diese Krisen durch mehr Supervision oder Unterstützung hätten lösen lassen?
Wenn ja, was hätte Eurer Gruppe geholfen?
Gudrun: Das ist natürlich eine relativ schwierige Frage, weil es hier ja auch darum geht, wen man von außen miteinbezieht. Ich kann mir vorstellen, dass es ab und zu oder auch in der Anfangssituation einer Gruppe sehr sinnvoll ist. Aber ich weiß nicht genau, was da wirklich günstig ist. Also ich würde schon ganz gern mal jemanden in meine Gruppe holen, brauche dafür aber auch ein bisschen was an Finanzen, und da hängt es auch an der Unterstützung der Gruppe selber. Da arbeite ich noch dran. Dann würde ich durchaus vielleicht zweimal im Jahr jemanden einladen und mal gucken, ob diese Unterstützung von außen Nutzen bringt... Ich denke, es sollte zumindest versucht werden. Conny: Ja, das denk ich auch. Also Supervision finde ich ganz gut, weil hier ein Vermittler da ist, der eben auch Feedback geben kann und unabhängig von der Gruppe ist. Ich finde es auch gut, das einfach mal auszuprobieren und zu gucken, ob das was bringt... Aber für unsere Gruppe wäre es, denk ich, ziemlich schwierig gewesen, es hätten dafür alle regelmäßig da sein müssen. Supervision bringt ja eigentlich auch nur als Anleitung oder Begleitung was. Im Nachhinein nach einer Auflösung ist es, glaub ich, eher zu spät dafür. Hugo: Ich bin eigentlich auch für Supervision, aber es ist halt die schon angesprochene Frage, wen man sich da in die Gruppe reinholt. Derjenige muss ja sozusagen von der gesamten Gruppe im Grunde genommen akzeptiert werden. Speziell bei unserer Gruppe würde aus meiner Sicht eine stärke Organisationsvorgabe schon helfen. Also dass man da einfach Regeln aufstellt... und da steht man natürlich vor dem Problem, wie setzt man diese Regeln durch... Aber mehr Struktur würde unserer Gruppe aus meiner Sicht gut tun. Ernest: Ja, Supervision find ich auch eine gute Idee. Man muss halt das Glück haben, die richtige Person zu finden, die das auch machen kann, machen möchte und die auch das Feingefühl dafür hat. Also ich stell mir das – wenn - dann mehr als Unterstützung vor. Dass er die Rolle des Moderators übernimmt, geht gegen die Idee von Selbsthilfegruppe, und das will auch wahrscheinlich niemand machen. Was vielleicht wichtig wäre, ist, dass man die Idee von Selbsthilfegruppe nochmal besser erklärt oder wiederholt, denn manchmal habe ich den Eindruck, dass sie nicht unbedingt wirklich verstanden wird von den Leuten. Dass es darum geht, eben selbst Sachen in die Hand zu nehmen und zu machen und selbst Dinge vorzuschlagen. Das ist wahrscheinlich so selbstverständlich für die Leute, die so eine SEKIS (Anm. d. Red.: Selbsthilfekontaktstelle) leiten, dass sie sich gar nicht mehr bewusst sind, dass es vielleicht für andere Leute nicht so selbstverständlich ist. Und darum geht es besonders bei unserem Problem Soziale Phobie, denn das hat ja auch sehr viel damit zu tun, ob ich Initiative ergreife oder nicht. Daher glaub ich, man sollte das vielleicht unaufhörlich eintrichtern, bis die Leute schreiend davon laufen oder vielleicht auch nicht. (Lachen) Oder vielleicht sollte man eine sanftere Art finden, den Selbsthilfe Gedanken zu vermitteln.
Frage: Als Resümee: Was würdest Du neu gegründeten Gruppen empfehlen, welche „Warnungen“ würdest Du aussprechen, worauf sie achten und was sie vermeiden sollten, wenn sie wollen, dass ihre Gruppe gut läuft?
Gudrun: Erfahrungen anderer zu nutzen, wäre ganz wichtig, würde ich denken. Wenn eine Gruppe sich neu gründet, sollte man durchaus um sich herum gucken und mal sehen, ob man sich irgendwo was abschauen kann, in welcher Form auch immer. Also dass man z.B. Leute aus einer anderen Gruppe mal einlädt, an einem Gruppennachmittag teilzunehmen, vielleicht auch ein paar ihrer Erfahrungen zu vermitteln. Das halte ich für ganz wichtig, Erfahrungen anderer zu nutzen, die schon da sind. Conny: Ja, das stimmt. Es gibt auch Anleitungen von den SEKIS, die Kurse oder Beratungen anbieten, das habe ich allerdings zu spät erfahren. Also diese kann man besuchen. Und ja, wie schon gesagt, die Erfahrungen von anderen, sich austauschen mit anderen Gruppen, das finde ich auch wichtig. Hugo: Ja, ich kann mich dem nur anschließen, die Erfahrungen aus anderen Gruppen, oder auch diese Angebote von SEKIS über die Gruppenführung. Speziell auf unsere Gruppe bezogen wäre es vielleicht auch sinnvoll, wenn man möglichst ein genaues Programm oder Ziel vorgibt, jedenfalls so genau wie möglich. Und dass man eventuell auch eine Teilnehmerbegrenzung, also eine geschlossene Gruppe, in Erwägung zieht, wenn das auf genügend Interesse stößt.
Dass man die Verantwortung für die Gruppe auf mehrere
Menschen verteilt, damit es nicht an einer Person hängen bleibt.
Das kann zu einer Belastung führen, man fühlt sich dann sehr alleine.
Ernest: Ja, vielleicht so als Ratschlag im Nachhinein, dass man die Verantwortung für die Gruppe auf mehrere Menschen verteilt, damit es nicht an einer Person hängen bleibt. Das kann zu einer Belastung führen, man fühlt sich dann sehr alleine. Das wäre, glaub ich, wichtig für die Stabilität einer Gruppe. Und dass man Personen findet, die einem Rat geben können, wie man das angehen kann mit einer Selbsthilfegruppe usw.... Am wichtigsten ist wahrscheinlich, dass man die Verantwortung für eine Gruppe auf mehrere Menschen verteilt. |
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Betroffenen-Schwerpunkt:
VSSP-Internet-Umfrage: Erfahrungen von Betroffenen mit Symptomatik, Therapie und Selbsthilfe
Insgesamt 357 Personen haben 2010 an unserer Umfrage für Betroffenen zu ihren Erfahrungen mit Symptomen, Therapie und Selbsthilfeteilgenommen. Hierbei waren Frauen etwas häufiger vertreten als Männer, insgesamt nahmen aber beide Geschlechter in etwa gleich häufig teil (54% Frauen, 46% Männer).
Der Altersdurchschnitt der Umfrageteilnehmer lag bei 32 Jahren; die Spanne reichte von
9 – 74 Jahre.
Die Befragten litten im Durchschnitt seit ihrem 14. Lebensjahr unter Sozialer Phobie.
Symptome in Situationen, in denen die Sozialen Ängste typischerweise auftreten
Diagramm 1: Symptome, unter denen Betroffene in sozialphobisch belastenden Situationen leiden (Mehrfachantworten möglich)
Bis auf den Punkt „Herzsymptome“ erreichten solche Symptome die höchsten Werte, mit denen die Betroffenen anderen Menschen potentiell auffallen können und die sie deshalb oft besonders fürchten: Schwitzen, Zittern und Erröten.
Wie stark sind die Einschränkungen durch die Soziale Phobie in verschiedenen Lebensbereichen?
Diagramm 2: Einschränkungen durch die Soziale Phobie in verschiedenen Lebensbereichen
Die Einschränkungen, die Betroffene durch ihre Sozialen Ängste in verschiedenen Lebensbereichen erfahren, haben wir unterteilt in stark (dunkelblaue Balken), mittel (mittelblaue Balken) und schwach (hellblaue Balken).
Im oberen Teil des Diagramms finden sich die Lebensbereiche, in denen sich Betroffene durch ihre Angst stark eingeschränkt fühlen (lange dunkelblaue Balken).
Die Lebensfelder im unteren Teil der Grafik werden bei den meisten Personen mittelstark oder schwach durch die Ängste beeinflusst. Es zeigt sich, dass sowohl der berufliche Bereich (+Teilnahme an Kursen und Workshops) als auch der private (Freundschaften, Beziehungen) für viele mit erheblichen Einschränkungen verbunden ist.
Geringere Auswirkungen scheint die Phobie in Bereichen zu haben, in denen Kontakte zu anderen Menschen eher unverbindlich oder lockerer sind (z.B. Sport, Reisen, öffentliche Verkehrsmittel).
Therapie und Selbsthilfe
Psychotherapie-Erfahrung der Umfrageteilnehmer
Die Teilnehmer an unserer Umfrage wiesen zu 61% Erfahrungen mit Psychotherapie auf (s. Diagramm 3).
Diagramm 3: Psychotherapie-Erfahrung der Umfrageteilnehmer Von den Psychotherapie-Erfahrenen hatten die meisten Erfahrungen mit Verhaltenstherapie gesammelt (ca. 70 %). Etwa 30% wiesen Erfahrungen mit tiefenpsychologischer Psychotherapie auf und 17% mit analytischer Therapie/Psychoanalyse. Dies sind die drei von den gesetzlichen Krankenkassen kosten-getragenen Psychotherapierichtungen.
Weitere Erfahrungen wurden gesammelt mit Körpertherapien (10%), Gestaltpsychotherapie (9%), Traumatherapie (4%) und anderen (12%).
Die Zufriedenheit mit verschiedenen Psychotherapie-Verfahren haben wir in einer früheren Umfrage untersucht, siehe http://www.vssp.de/wissenschaftliche-arbeiten-des-vssps unter dem Stichwort "Psychotherapie".
Selbsthilfegruppenerfahrung der Umfrageteilnehmer
Die meisten Umfrageteilnehmer wiesen keine Erfahrung mit Selbsthilfegruppen auf (61%).
30% hatten schon mal eine Sozialphobie-Selbsthilfegruppe besucht, 6% eine Gruppe allgemein zum Thema Angst(störungen) und 6% eine Gruppe zu anderen Themen. Bei den Teilnehmern mit Gruppenerfahrung waren Mehrfachnennungen möglich.
Die nächste Selbsthilfegruppe Soziale Phobie lag im Durchschnitt 30 km von den Umfrageteilnehmern entfernt, hierbei variierten die Antworten von 1 km - 500 km, was zeigt, dass Sozialphobie-Selbsthilfegruppen regional sehr unterschiedlich verteilt sind.
Auf die Frage, wie weit sie maximal fahren würden, um an einer Sozialphobie-Selbsthilfegruppe teilzunehmen, gaben die Umfrageteilnehmer im Durchschnitt 31 km an.
Wichtige Anmerkung: Die Zahlen zur Selbsthilfegruppenerfahrung schätzen wir als nicht repräsentativ für den Durchschnitt der Sozialphobie-Betroffenen ein. Grund: Die Besucher unserer Internetseite haben zu einem größeren Anteil (noch) keine Selbsthilfegruppen- erfahrung. Sie möchten sich auf der Seite des VSSPS, also eines Selbsthilfe-Verbandes, zu diesem Thema informieren und/oder unser Selbsthilfegruppenverzeichnis nach einer Gruppe in ihrer Wohngegend durchsuchen.
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Der VSSP hat 2011 Folgendes veröffentlicht
Zum Bereich Soziale Phobie gibt es viele Veröffentlichungen aus Sicht der Psychotherapie und dem Interessensbereich der Psychopharmakologie, aber eher wenig aus der Perspektive Betroffener und im Hinblick auf die Selbsthilfe und Selbsthilfegruppe.
Deshalb veröffentlicht der VSSPS eigene Untersuchungen und seit 2010 mit seiner Leitfaden-Reihe auch umfangreichere Texte und Arbeiten.
Leitfäden zur Selbsthilfe und Selbsthilfegruppenarbeit:
Leitfaden Nr. 1 „Die Selbsthilfegruppe“
Download Leitfaden Nr. 1: http://www.vssp.de/leitfaden-nr-1-die-selbsthilfegruppe
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Leitfaden Nr. 2 „Soziale Phobie im beruflichen Umfeld – Auswirkungen und Lösungskonzepte“
In dem zweiteiligen Leitfaden geht es auf 125 Seiten um folgende Themen:
Download Leitfaden Nr. 2: http://www.vssp.de/leitfaden-nr-2-soziale-phobie-im-beruflichen-umfeld
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Leitfaden Nr. 3 „100 Übungen für die Selbsthilfegruppe Soziale Phobie“
Der Leitfaden umfasst 100 Übungen auf 100 Seiten, die alle mehrfach im „SHG-Praxistest“ erprobt wurden. Sie stammen aus unterschiedlichen Bereichen, z.B. der Körperarbeit, Fantasie/ Imagination, Stegreif/ Improvisation u.a.m.. Sie bewirken eine. Auflockerung und Intensivierung der Gruppensitzung – weg vom „Drüber-Reden“ und kopflastigen analytisch distanzierten Blick auf Außensituationen hin zu einem unmittelbaren Erleben und Einfühlen, zu Intuition und Selbsterfahrung. Die Übungen erfordern von Anleitenden vielleicht ein wenig Mut, aber keine besonderen Vorkenntnisse und bieten durch Einnahme dieser Anleiter-Position eine neue Erfahrungsmöglichkeit.
Download Leitfaden Nr. 3: http://www.vssp.de/leitfaden-nr-3-100-uebungen-fuer-die-selbsthilfegruppe-soziale-phobie
(Anmerkung der Redaktion: Im Infomedium Ausgabe 4 hatten wir eine Rubrik "Gruppenübungen" begonnen, mit dem Ziel, in jeder Ausgabe 3-4 Übungen vorzustellen.
Wir finden nun, dass der inzwischen entstandene Leitfaden Nr. 3 mit 100 Übungen im kostenlosen Download kompakter und übersichtlicher ist und ersetzen damit die geplante Rubrik.)
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außerdem:
„Emetophobe Symptomatik bei Sozialer Phobie - Schwierigkeiten beim Essen und Trinken in der Öffentlichkeit für Menschen mit Sozialer Phobie", veröffentlicht in der Deutschen Angst-Zeitschrift, Heft Nr. 54
(Emetophobie = Angst vor Erbrechen)
Der Text steht unter folgendem Link in seiner ungekürzten Version zur Verfügung: http://www.vssp.de/thema-soziale-phobie/173-emetophobe-symptomatik-bei-sozialer-phobie
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Liebe Leser,
wir hoffen, euch hat das Infomedium gefallen und den ein oder anderen Anstoß gegeben.
Damit das Infomedium wirklich gut sein soll, brauchen wir eure Rückmeldungen, Kritik, Verbesserungs- und Themenvorschläge zum Infomedium.
Wir freuen uns, wenn ihr uns durch eine Mitgliedschaft unterstützt.
Einen Mitgliedsbeitrag erheben wir nicht.
Infos zur Mitgliedschaft im VSSP findet ihr unter http://www.vssp.de/mitgliedschaft.
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Redaktion: Marita Krämer
Johannes Peter Wolters
Kontakt:
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InfomediumSoziale Phobie (ISP) Ausgabe 5, Dezember 2011
© VSSP 2011
Verantwortlich für den Inhalt (§ 5 TMG):